Auswilderung von Igelpfleglingen
Wer einen Igelpflegling aufgenommen hat, steht irgendwann, wenn er gesund und tauglich für ein Leben in Freiheit ist, vor der Frage, wie und wo ist der Igel gut aufgehoben.
Zunächst einmal gilt, Wildtiere dürfen nur in menschlicher Obhut genommen werden, wenn sie krank, verletzt oder anderweitig hilfebedürftig sind. Das regelt das Bundesnaturschutzgesetz. Sie sind wieder in die Natur zu entlassen, wenn sie sich eigenständig versorgen können.
Allgemeine Grundsätze: Wann und wo sollte eine Auswilderung erfolgen.
Die Zeit der Versorgung und Unterbringung in menschlicher Obhut sollte so kurz wie möglich gehalten werden. Denn bei aller Fürsorge, es handelt sich für den Igel immer um ein eingeschränktes Leben in Gefangenschaft.
Wenn das Tier über den Winter – also die nahrungsarme Zeit – versorgt wird, weil er das nötige Gewicht für den Winterschlaf nicht hat oder nicht gesund ist oder bei Igelsäuglingen keine Freilanderfahrung hat, ist der Igel spätestens im April/Mai wieder in die Natur zu entlassen. Die Nächte sollten allerdings frostfrei sein und möglichst über 8° C und die Tagestemperatur anhaltend über 14 ° C liegen.
Generell gilt, dass gesunde Igel am Fundort wieder auszusetzen sind. Es sei denn, dieser Ort kommt als Lebensraum für den Igel nicht in Betracht (z. B. Neubaugebiet ohne ausreichende Vegetation und damit fehlendem Nahrungsangebot). Igel, die nicht am Fundort ausgewildert werden, müssen sich neu orientieren und sind gegenüber ihren freilebenden Artgenossen im Nachteil. Ein guter Allgemeinzustand und ausreichend Gewichtsreserven sind damit von Vorteil.
Eine gute Voraussetzung ist es – nach unseren Erfahrungen – wenn der „Igelfinder“ seinen Igel noch über einen längeren Zeitraum in dem ursprünglichen Lebensraum (Garten o. ä.) betreut und Futter und Wasser zur Verfügung stellt. Das gleiche gilt, wenn der Igel zwar an einem anderen geeigneten Ort ausgesetzt wird, aber dort noch über einen längeren Zeitraum betreut wird.
Wie sieht ein geeigneter Igellebensraum aus:
Igel bevorzugen strukturreiche, mosaikartige Gebiete in Kulturlandschaften und Siedlungsbereichen. Wichtig sind ausreichend natürliche Nahrung, Wasser und Verstecke für Tag- und Nachtnester sowie Winternester und ausreichend Laub zum Auspolstern der Nester. Das heißt, Dörfer, Städte, Parkanlagen, die eine großzügige naturnah Ausstattung aufweisen, können als Igellebensräume genutzt werden. Stark befahrene Straßen sollten möglichst nicht in der Nähe sein, denn Igel sind sehr mobil und wandern auf Nahrungssuche durchaus einige Kilometer in der Nacht. Die Reviergröße ist abhängig von der Struktur des Gebietes und dem Nahrungsangebot und liegt zwischen 5 und 90 Hektar.
Igel sind Insektenfresser. Ihre wichtigsten Nahrungstiere sind Käfer und ihre Entwicklungsstadien, Raupen und Larven. Im Frühjahr und Herbst stehen auch Regenwürmer auf dem Speiseplan – allein schon deshalb, weil Käfer nur bedingt zur Verfügung stehen. Schnecken sind wegen des Schleims nicht beliebt und werden nur selten vertilgt.
Besondere Voraussetzungen für eine Auswilderung
Es gilt hier verschiedene Situationen zu unterscheiden und auch, ob ein Igelpflegling den Winter - im besten Fall mit Winterschlaf - in menschlicher Obhut verbracht hat oder ob er nur sehr kurzfristig gesund gepflegt werden musste.
Auswilderung von aufgezogenen Igelsäuglinge (ohne Freilanderfahrung)
Hierunter sind sehr junge Tiere zu verstehen, die i. a. ohne Mutter (weil diese nachweislich gestorben oder aus anderen Gründen nicht mehr ins Igelnest zurückgekehrt ist) in einer Pflegestelle aufgezogen werden. Diese Jungigel haben i. d. R. keine Erfahrungen in der Natur gemacht und müssen also alles von der Pike auf lernen. Damit Ihnen ein erfolgreicher Start in ein hoffentlich langes Igelleben möglich wird, sind diese Tiere über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen in einem geschützten großen Freigehege (möglichst mit vielfältiger Vegetation) an die Natur zu gewöhnen. Dazu wird ein Schlafhäuschen mit entsprechender Füllung (Laub, Gras usw.) in dem Auslauf – geschützt vor Sonne und Regen – positioniert und täglich ausreichend Futter und Wasser zur Verfügung gestellt.
Die Jungtiere können so den Nestbau lernen und selbst Nahrungstiere (zusätzlich zu dem gewohnten Futter) finden. Nach einem Zeitraum von mind. 2 Wochen, kann das Freigehege geöffnet werden. Dem Igel sollte aber der Zugang weiter möglich sein und auch Futter und Wasser bereitstehen.
Auswilderung von Jungigel mit Freilanderfahrung
Insbesondere im Herbst, Frühwinter und auch im Frühjahr werden häufig untergewichtige Jungigel gefunden, die für einen Winterschlaf kein ausreichendes Gewicht haben oder ausgezehrt aus dem Winterschlaf erwacht sind. Diese Tiere haben bereits Erfahrungen gesammelt, wie man sich selbst ernährt und in der Natur zurechtkommen kann.
Diese Tiere sollten - nachdem sie gesund sind bzw. nach einem geschützten Winterschlaf - möglichst am Fundort wieder in die Natur entlassen werden. Haben sie einen Winterschlaf in geschützter Umgebung verbracht, sollten sie beim Aussetzen mindestens das Gewicht haben, das sie vor dem Winterschlaf hatten. Denn während des Winterschlafs können Igel bis zu 30 % ihres Gewichts verlieren und das muss nach dem Aufwachen erst einmal wieder angefuttert werden. Und beim Übergang vom geschützten Leben in menschlicher Obhut in die Natur mit ihren vielfältigen Ansprüchen, verlieren Igel zunächst auch erst einmal Gewicht. Unserem Schützling wollen wir ja einen möglichst guten Start in die Natur ermöglichen.
Kommt der Fundort als Aussetzort nicht in Frage, ist ein anderer geeigneter Ort zu nutzen.
Für das Aussetzen sollte das Schlafhäuschen mit dem Igel an einem geschützten Ort aufgestellt werden. Das Aussetzen erfolgt immer in den Abendstunden bei Dämmerung –orientiert sich also am „normalen“ Lebensrhythmus. Dazu wird zumindest für einige Tage Futter und Wasser angeboten. Auch diesen Tieren hilft es, wenn sie sich zunächst einige Tage in einem geschützten Freigehege bei Futter und Wasser akklimatisieren können.
Auswilderung von erwachsenen Igeln nachdem sie gesundgepflegt sind
Erwachsene Igel haben ausreichend Freilanderfahrung. Ihre Auswilderung ist grds. einfacher – vorausgesetzt der Fundort ist als Auswilderungsort geeignet. Ein Aussetzen im Herbst oder Frühwinter ist bei frostfreien Perioden möglich.
Das heißt, der Igel sollten soweit möglich am Fundort wieder in die Freiheit entlassen werden. Ist der Ort nicht geeignet, z. B. weil es sich um ein neues Baugebiet mit entsprechenden Erdarbeiten handelt, ist ein geeignetes Gebiet zu finden. Auch diese Tiere sollten mit Schlafhäuschen ausgesetzt werden und für einige Tage Futter und Wasser zur Verfügung gestellt werden.
Stand: 19.04.2024
Arbeitsgruppe Igelschutz Hildesheim
www.igelhildesheim.de
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